Traueraufgaben: Die aktuelle Trauerforschung

Was ist Trauer?

Trauer ist eine angeborene Reaktion, mit der wir verarbeiten, dass wir etwas verloren haben. Dabei geht es nicht nur um den Tod, wir trauern auch um den Verlust von Fähigkeiten oder Lebensplänen.

Trauer ist keine Krankheit, keine Fehlfunktion und keine Schwäche. Sie zeigt uns auf, dass wir eine Bindung hatten, dass wir jemanden oder etwas geliebt haben.

Trauerreaktionen

Die aktuelle Trauerforschung unterscheidet vier unterschiedliche Ebenen der Trauer, die der Emotionen, der körperlichen Reaktionen, der kognitiven Veränderungen und der konkret beobachtbaren Verhaltensweisen.

Die Bandbreite von Trauerreaktionen ist sehr gross und kann individuell sehr unterschiedlich erlebt und gelebt werden. Dabei spielen auch kulturelle Erfahrungen und Erwartungen eine Rolle.

Auf emotionaler Ebene sind Traurigkeit, Angst, Wut und Hilflosigkeit sehr häufig, doch auch ein Gefühl der Erleichterung oder Schuldgefühle sind manchmal da.

Ein Verlust, gerade wenn dieser unerwartet war, wird manchmal zuerst verleugnet, er hat keinen Platz in unserem gewohnten Denkmuster. Auch auf neurologischer Ebene müssen wir uns erst auf die Veränderung einstellen. Was wohl in der realen Welt nicht mehr da ist, scheint in unserem Kopf noch präsent.

Trauernde sind deshalb nicht verrückt, so funktioniert unser Gehirn, gemäss den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaften. Manchmal rufen wir uns bewusst bestimmte Situationen mit einem Menschen, den wir vermissen ins Gedächtnis, doch manchmal treten die Erinnerungen an bestimmte Situationen oder Menschen ganz spontan und plötzlich auf und wir vergessen sogar für einen Moment, dass der geliebte Mensch verstorben ist. Diese spontanen Erinnerungen treten nicht häufiger auf, aber sie bringen uns meist mehr durcheinander, da wir von den Emotionen überrascht werden.

An einen Menschen mit dem wir uns verbunden fühlen denken wir oft. Wenn dieser Mensch stirbt, kann sich unser Gehirn das nicht so schnell abgewöhnen.

Trauerphasen

In den letzten Jahrzehnten wurde versucht den Trauerprozess mittels Phasenmodellen zu analysieren. Es wurde so einerseits Verständnis geschaffen für die unterschiedlichen Emotionen, welche in der Trauer auftreten können, doch zeigte sich auch, dass Trauernde nicht alle Phasen der Reihe nach durchlaufen. Wer nicht den Phasen entsprechend trauerte machte etwas falsch, Trauernde setzten sich selbst unter Druck oder waren auch mit der äusseren Erwartungshaltung konfrontiert, die Phasen modellhaft zu durchlaufen. Dies impliziert auch ein passives Ausgeliefertsein. Die Phasenmodelle gelten heute als veraltet aus wissenschaftlicher Perspektive.

Trauerwellen

Trauer überrollt in Wellen, so hat es der Psychologe George Bonanno definiert. Und dieses Modell zeigt auch auf, dass wir nicht einfach traurig sind und dann irgendwann wieder glücklich, sondern dass sich Trauer und positive Gefühle abwechseln und wir auch Freude und positive Gefühle erleben dürfen, wenn wir auch trauern.

Traueraufgaben

Wenn nun heute eher von Traueraufgaben gesprochen bedeutet das auch, dass Trauernde aktiv Einfluss nehmen bezüglich der Bewältigung des Trauerprozesses.

Den Verlust als Realität akzeptieren

Wenn ein geliebter Mensch plötzlich und unerwartet stirbt, kann es dauern bis der Verlust als Realität akzeptiert werden kann. Im Falle einer lebensbedrohlichen Erkrankung beginnt die Bewältigung dieser Aufgabe bereits beim Verdacht auf eine schwere Erkrankung oder nach Erhalt der Diagnose. Betroffene und Angehörige können sich bereits mit dem Verlust auseinandersetzen, Wichtiges kann mitgeteilt werden, allfällige Konflikte können geklärt werden.

Den Schmerz verarbeiten

Die Intensität und Art des Schmerzes können sehr unterschiedlich sein. Es ist aber auf jeden Fall wichtig den Schmerz zuzulassen. Durch Vermeidung und Unterdrückung wird der Trauerprozess eher verlängert. Die Befürchtung, dass wenn der Schmerz erst einmal zugelassen werde nicht mehr zu überwinden sei, hat sich als falsch erwiesen. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass es wichtig ist Gefühle wie Trauer zuzulassen und bewusst wahrzunehmen, damit die Trauer auch wieder abnehmen kann.

Sich an eine Welt ohne die verstorbene Person anpassen

Nach dem Verlust einer nahen stehenden Person muss einerseits eine externe Anpassung erfolgen, also der Alltag ohne diese Person bewältigt werden, es muss eine interne Anpassung erfolgen, also das Gefühl des Verlustes gehandhabt werden, und es erfolgt eine spirituelle Anpassung, die Auswirkungen des Verlustes auf die eigenen Überzeugungen und Wertvorstellungen.

Und wie bereits vorher erwähnt, können Schwierigkeiten bei diesen Anpassungen heute neurowissenschaftlich erklärt werden.

 

Eine dauerhafte Verbindung zu der verstorbenen Person im neuen Leben finden

Eine sehr wichtige Weiterentwicklung in der Trauerforschung ist die Erkenntnis, dass man sich nicht von der verstorbenen Person lösen muss, sondern die Beziehungen fortbestehen sollen, wenn natürlich auch in einer anderen Form. Ebenso sollten schöne gemeinsame Erinnerungen erhalten bleiben.  

Professionelle Trauerbegleitung

Professionelle Trauerbegleitung kann helfen bei der Umsetzung dieser Aufgaben. Es ist jedoch auch gut zu wissen, dass ein grosser Teil der Trauernden über die Resilienz und Ressourcen verfügt, um mit der eigenen Trauer umgehen zu können.

Eine aussenstehende Fachperson kann helfen die eigenen Ressourcen zu entdecken oder neue Perspektiven aufzeigen, gerade wenn die trauernde Person vielleicht nicht über hilfreiche soziale Unterstützung verfügt oder ihre Art zu trauern kulturell nicht als «richtig» betrachtet wird oder auch die Art des Todes, beispielsweise eine Freitodbegleitung, ein Stigma darstellt und nicht offen darüber gesprochen werden kann.

Vereinbaren Sie gerne ein kostenloses und unverbindliches Erstgespräch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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