Corinne Hafner Wilson Corinne Hafner Wilson

Traueraufgaben: Die aktuelle Trauerforschung

Trauer ist eine angeborene Reaktion, mit der wir verarbeiten, dass wir etwas verloren haben. Dabei geht es nicht nur um den Tod, wir trauern auch um den Verlust von Fähigkeiten oder Lebensplänen. Trauer ist keine Krankheit, keine Fehlfunktion und keine Schwäche. Sie zeigt uns auf, dass wir eine Bindung hatten, dass wir jemanden oder etwas geliebt haben.

Was ist Trauer?

Trauer ist eine angeborene Reaktion, mit der wir verarbeiten, dass wir etwas verloren haben. Dabei geht es nicht nur um den Tod, wir trauern auch um den Verlust von Fähigkeiten oder Lebensplänen.

Trauer ist keine Krankheit, keine Fehlfunktion und keine Schwäche. Sie zeigt uns auf, dass wir eine Bindung hatten, dass wir jemanden oder etwas geliebt haben.

Trauerreaktionen

Die aktuelle Trauerforschung unterscheidet vier unterschiedliche Ebenen der Trauer, die der Emotionen, der körperlichen Reaktionen, der kognitiven Veränderungen und der konkret beobachtbaren Verhaltensweisen.

Die Bandbreite von Trauerreaktionen ist sehr gross und kann individuell sehr unterschiedlich erlebt und gelebt werden. Dabei spielen auch kulturelle Erfahrungen und Erwartungen eine Rolle.

Auf emotionaler Ebene sind Traurigkeit, Angst, Wut und Hilflosigkeit sehr häufig, doch auch ein Gefühl der Erleichterung oder Schuldgefühle sind manchmal da.

Ein Verlust, gerade wenn dieser unerwartet war, wird manchmal zuerst verleugnet, er hat keinen Platz in unserem gewohnten Denkmuster. Auch auf neurologischer Ebene müssen wir uns erst auf die Veränderung einstellen. Was wohl in der realen Welt nicht mehr da ist, scheint in unserem Kopf noch präsent.

Trauernde sind deshalb nicht verrückt, so funktioniert unser Gehirn, gemäss den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaften. Manchmal rufen wir uns bewusst bestimmte Situationen mit einem Menschen, den wir vermissen ins Gedächtnis, doch manchmal treten die Erinnerungen an bestimmte Situationen oder Menschen ganz spontan und plötzlich auf und wir vergessen sogar für einen Moment, dass der geliebte Mensch verstorben ist. Diese spontanen Erinnerungen treten nicht häufiger auf, aber sie bringen uns meist mehr durcheinander, da wir von den Emotionen überrascht werden.

An einen Menschen mit dem wir uns verbunden fühlen denken wir oft. Wenn dieser Mensch stirbt, kann sich unser Gehirn das nicht so schnell abgewöhnen.

Trauerphasen

In den letzten Jahrzehnten wurde versucht den Trauerprozess mittels Phasenmodellen zu analysieren. Es wurde so einerseits Verständnis geschaffen für die unterschiedlichen Emotionen, welche in der Trauer auftreten können, doch zeigte sich auch, dass Trauernde nicht alle Phasen der Reihe nach durchlaufen. Wer nicht den Phasen entsprechend trauerte machte etwas falsch, Trauernde setzten sich selbst unter Druck oder waren auch mit der äusseren Erwartungshaltung konfrontiert, die Phasen modellhaft zu durchlaufen. Dies impliziert auch ein passives Ausgeliefertsein. Die Phasenmodelle gelten heute als veraltet aus wissenschaftlicher Perspektive.

Trauerwellen

Trauer überrollt in Wellen, so hat es der Psychologe George Bonanno definiert. Und dieses Modell zeigt auch auf, dass wir nicht einfach traurig sind und dann irgendwann wieder glücklich, sondern dass sich Trauer und positive Gefühle abwechseln und wir auch Freude und positive Gefühle erleben dürfen, wenn wir auch trauern.

Traueraufgaben

Wenn nun heute eher von Traueraufgaben gesprochen bedeutet das auch, dass Trauernde aktiv Einfluss nehmen bezüglich der Bewältigung des Trauerprozesses.

Den Verlust als Realität akzeptieren

Wenn ein geliebter Mensch plötzlich und unerwartet stirbt, kann es dauern bis der Verlust als Realität akzeptiert werden kann. Im Falle einer lebensbedrohlichen Erkrankung beginnt die Bewältigung dieser Aufgabe bereits beim Verdacht auf eine schwere Erkrankung oder nach Erhalt der Diagnose. Betroffene und Angehörige können sich bereits mit dem Verlust auseinandersetzen, Wichtiges kann mitgeteilt werden, allfällige Konflikte können geklärt werden.

Den Schmerz verarbeiten

Die Intensität und Art des Schmerzes können sehr unterschiedlich sein. Es ist aber auf jeden Fall wichtig den Schmerz zuzulassen. Durch Vermeidung und Unterdrückung wird der Trauerprozess eher verlängert. Die Befürchtung, dass wenn der Schmerz erst einmal zugelassen werde nicht mehr zu überwinden sei, hat sich als falsch erwiesen. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass es wichtig ist Gefühle wie Trauer zuzulassen und bewusst wahrzunehmen, damit die Trauer auch wieder abnehmen kann.

Sich an eine Welt ohne die verstorbene Person anpassen

Nach dem Verlust einer nahen stehenden Person muss einerseits eine externe Anpassung erfolgen, also der Alltag ohne diese Person bewältigt werden, es muss eine interne Anpassung erfolgen, also das Gefühl des Verlustes gehandhabt werden, und es erfolgt eine spirituelle Anpassung, die Auswirkungen des Verlustes auf die eigenen Überzeugungen und Wertvorstellungen.

Und wie bereits vorher erwähnt, können Schwierigkeiten bei diesen Anpassungen heute neurowissenschaftlich erklärt werden.

 

Eine dauerhafte Verbindung zu der verstorbenen Person im neuen Leben finden

Eine sehr wichtige Weiterentwicklung in der Trauerforschung ist die Erkenntnis, dass man sich nicht von der verstorbenen Person lösen muss, sondern die Beziehungen fortbestehen sollen, wenn natürlich auch in einer anderen Form. Ebenso sollten schöne gemeinsame Erinnerungen erhalten bleiben.  

Professionelle Trauerbegleitung

Professionelle Trauerbegleitung kann helfen bei der Umsetzung dieser Aufgaben. Es ist jedoch auch gut zu wissen, dass ein grosser Teil der Trauernden über die Resilienz und Ressourcen verfügt, um mit der eigenen Trauer umgehen zu können.

Eine aussenstehende Fachperson kann helfen die eigenen Ressourcen zu entdecken oder neue Perspektiven aufzeigen, gerade wenn die trauernde Person vielleicht nicht über hilfreiche soziale Unterstützung verfügt oder ihre Art zu trauern kulturell nicht als «richtig» betrachtet wird oder auch die Art des Todes, beispielsweise eine Freitodbegleitung, ein Stigma darstellt und nicht offen darüber gesprochen werden kann.

Vereinbaren Sie gerne ein kostenloses und unverbindliches Erstgespräch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Positive Psychologie: Von Achtsamkeit, Glück und Mut

Die Erforschung der positiven Emotionen: Ressourcen und Stärken zur Verbesserung der Lebensqualität.

Positive Psychologie

Die positive Psychologie ist noch eine junge wissenschaftliche Disziplin, hat sich aber in der Wissenschaft der Psychologie heute etabliert. Als Pionier gilt der amerikanische Psychologe Martin Seligman. Inhaltlich geht es darum auch die positiven Emotionen zu verstehen und Stärken aufzubauen.

Grundlagen und Ziele

Die Kernelemente der positiven Psychologie bestehen darin, das Gute und die guten Gefühle im Leben des Menschen zu vermehren, die menschlichen Stärken und Ressourcen nutzbar zu machen und bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Die drei tragenden Säulen sind die wissenschaftliche Fundierung, die Fokussierung auf die eigenen Stärken und Ressourcen sowie positive Effekte für den Alltag.

Aufwärtsspiralen aus den Bereichen Denken, Handeln und Fühlen sollen in Gang gesetzt werden.

Beschreiben, ohne vorzuschreiben

Eine der grössten Herausforderungen der Positiven Psychologie ist es, zu beschreiben und zu erklären was „gut“ ist, ohne dabei vorzuschreiben. Positive Psychologie möchte auf der Basis empirischer Forschungsergebnisse aufzeigen, welche Bedingungen für ein bestimmtes Ziel „gut“ bzw. förderlich sind, und dennoch betont sie die Wichtigkeit, dass der Einzelne, die Gesellschaft, eine Kultur entscheidet, was als „wertvoll“ oder „gut“ gilt. Die Positive Psychologie möchte auf Basis von wissenschaftlichen Daten eine nuancierte Sichtweise des guten Lebens bieten, ohne dafür ein Patentrezept zu erstellen. Positive Psychologie nimmt eine objektive Haltung ein, indem sie sowohl die guten als auch die negativen Seiten des Lebens beleuchtet und sich von nicht-empirisch gegründeten Ratschlägen (wie zum Beispiel häufig in Selbsthilfeliteratur oder in der Esoterik zu finden) distanziert.

 

 

 

Themen

In der positiven Psychologie werden Themen wie Achtsamkeit, Glück und Mut erforscht.

Der Achtsamkeit wird zu einem späteren Zeitpunkt ein eigener Beitrag gewidmet, in diesem Artikel werden Glück und Mut betrachtet.

Glück

Oft wird im Alltag vergessen bewusst auf Glück zu achten. Gefühle müssen wahrgenommen und der Umgang mit ihnen erlernt werden, um dann auch bewusst positive Gefühle erleben zu können. Jedes Gefühl hat aber seine Berechtigung, soll beachtet werden und kann dann seinen Platz finden.

 

Versuchen Sie folgende Glücksübungen:

·        Was macht mich glücklich? Aufschreiben oder malen, hervorholen und anschauen, wenn einem gerade alles hoffnungslos erscheint

·        Über Glück sprechen mit anderen: Was ist Glück für dich?

 

Mut

Mut ist ein neues Thema in der positiven Psychologie. Menschen, die sich als mutig begreifen, fühlen sich gut, denn sie sind nicht zur sich selbst treu, sondern darüber hinaus auch in der Lage mutig im Zusammenhang mit anderen zu kommunizieren.

 Mut ermöglicht es uns unsere Angst zu überwinden, neue Wege zu gehen, uns selbst zu vertrauen, eigene Grenzen zu überwinden, eigene Überzeugungen zu leben, authentisch zu sein, sein Leben zu leben und persönlich zu wachsen.

Die eigene Mut-Zone

Um von der Angst- oder Komfortzone in die eigene Mut-Zone zu gelangen kann man sich selbst fragen:

Was hilft mir dabei, mich mutig zu fühlen?

Anerkennung, mein Umfeld, ein Vorbild, ein Sicherheitsnetz von mir wichtigen Menschen, oder etwas anderes?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Lebensende: Selbstbestimmt, aber nicht allein bestimmt

Medizinischer Fortschritt

Der medizinische Fortschritt hat dazu geführt, dass viele Menschen einen gewissen Einfluss auf den Zeitpunkt ihres Lebensendes nehmen können, durch die bewusste Entscheidung, welche medizinischen Massnahmen am Lebensende noch stattfinden sollen.

In der aktuellen Gesundheitskommunikation wird Eigenverantwortung in gesundheitlichen Belangen in den Vordergrund gerückt. Eigenverantwortung bedeutet für sich selbst und alle seine selbstbestimmten Entscheidungen, Handlungen, Nicht-Handlungen und alle seine Ergebnisse einzustehen.

Selbstbild

Eine Veränderung des Selbstbildes, von einer starken, selbstbestimmten Person zu einer abhängigen Person zu werden, scheint undenkbar. Die Patienten ändern ihre Handlung in dem Sinne, als dass sie lieber ihr Leben zu einem Zeitpunkt beenden, zu dem es ihnen noch mit ihrem Selbstbild übereinstimmt. Das Festhalten an präferierten kulturellen Werten und die Anhebung des Selbstwertgefühls können also helfen die Angst vor dem Tod zu reduzieren.

Dieses Gefühl der Selbstbestimmung sollte auch vermittelt werden, wenn die Patienten Hilfe und Unterstützung bei Tätigkeiten benötigen.

Nach den persönlichen Werten leben zu können ermöglicht eine bessere Lebensqualität. Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit sind Grundbedürfnisse für unser Wohlbefinden (Deci & Ryan, 2008).

Entscheidungsfindung

Die selbstbestimmte und autonome Entscheidungsfindung kann nicht losgelöst vom sozialen Umfeld des Patienten betrachtet werden, denn der Mensch als soziales Wesen ist eingebettet in die Gesellschaft und die Erfahrung von Unterstützung oder deren Fehlen, sei es durch Angehörige, Freunde oder Gesundheitsfachleute, beeinflussen sein Denken und Handeln. Oftmals denkt der Sterbende an die Menschen, welche weiterleben werden. Was für sie tragbar ist, wie sie ihn in Erinnerung behalten werden.

Familienangehörige werden oft in den Entscheidungsprozess einbezogen. Ein Widerspruch zur Selbstbestimmung muss nicht bestehen (Lipp & Brauer, 2016). Eher lässt sich durch den Austausch auch mutmassen, dass die persönlichen Wertvorstellungen und Bedürfnisse reflektiert werden und Entscheidungen als selbstbestimmte Aussagen gelten.

Nur wenn alle Beteiligten unter den jeweils bestmöglichen gesundheitlichen Bedingungen im Austausch stehen, also so gut als möglich mit Stress und Trauer umgehen können und respektvoll und authentisch kommunizieren, kann der Patient selbstbestimmt und autonom die für ihn am besten passende Entscheidung treffen, auch im Wissen, dass sein soziales Umfeld seine Entscheidung respektiert.

 

Patient*innen und Angehörige sollten offene Gespräche bezüglich Selbstbild und Wertvorstellungen und Absichten führen können, bei Bedarf mit professioneller Unterstützung. Sie sollen die Möglichkeit haben sich aus erster Hand über verschiedene Möglichkeiten am Lebensende informieren zu können, um eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen.

 

 

 

Literatur:

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2008). Self-determination theory: A macrotheory of human motivation, development, and health. Canadian Psychology/Psychologie Canadienne, 49(3), 182–185.

Lipp, V. & Brauer, D. (2016) Autonomie und Familie in medizinischen Entscheidungssituationen. in H. Steinfath, C. Wiesemann, Autonomie und Vertrauen, DOI 10.1007/978-3-658-11074-1_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016

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